Der Sitzungspräsident gab sich die Ehre – Kulturpicknick im Freibad

Volker Weininger lud zur „Solo“-Verkostung

In jener Ecke des Bedburger Freibades, wo sonst Volleyball auf dem Rasen gespielt wird, hatte die Kulturabteilung der Schlossstadt an diesem Wochenende eine Bühne und ein Zelt aufgebaut. Zum „Kulturpicknick im Freibad“ mit einer dreitägigen Reihe von Comedianbeiträgen mit Ingrid Kühne, Volker Weininger und Martin Schopps hatte die Stadt eingeladen.

Nach sechsmonatiger Kulturpause lud Bürgermeister Sascha Solbach fast 200 Zuschauer zum „frei Drehen“ ein.. Die hatten es sich auf Bierbänken, auf Campingstühlen und Decken, mit Frikadellen und Käsehäppchen in Tupperware-Döschen bequem gemacht. „Eine tolle Atmosphäre“, freute sich Kulturchef Hermann Jürgen Schmitz.

Manche hatten gar ein Fässchen aufgestellt oder ein buntes Kostüm angezogen. Kein Wunder, denn Solbach kündigte jenen bedauernswerten Menschen an, der die ganze Zeit in seinem kleinen Büro an der Theke mangels Kontakt zum Publikum an seiner You-Tube-Serie „Philosophie am Glas“ gebastelt habe: Volker Weininger, im Kölner Karneval bekannt als „Der Sitzungspräsident“.

Reichlich Bier

Und länger noch als 100 Minuten entführte Weininger als bekennender Kölschtrinker mit den Ausspracheschwierigkeiten eines reichlich besäuselten Mannes mit reichlich Verantwortung unter der Narrenkappe ins Milieu von Karnevals- und Junggesellenverein, von Skat- und Kegelklub. Denn überall dort hat der Sitzungspräsident natürlich auch seine Finger im Spiel. Im Publikum begrüsste er Michael, „bist du nicht der Sitzungspräsident vom Ort nebenan“ oder Conny, „das Ehrenfunkemariechen, wir freuen uns auf deinen Tanz“ oder einen wahren Kegelklub, nämlich „Die Ahnungslosen“.

Und als so einfühlsam wie fachkundig erschien das Publikum, wenn der Sitzungspräsident vom stundenlangen Blindverkosten von Kabänes und Jägermeister berichtete oder das Rezept vom Schlehbuscher Schädelsprenger zum Besten gibt. „Man gebe einen Rollmops ins Weizenglas, Strohrum, Wacholder, Absinth, Tabasco und zwei Löffel Terpentin, warten bis der Rollmops sich aufgelöst hat, setze einen gezündeten Chinaböller oben drauf.“ Da dürfe man beim Trinken nicht trödeln.

Death Metal gepaart mit kölsche Krätzjer

Aber auch um den Ernst karnevalistischen Seins ging es in den Erzählungen des Sitzungspräsidenten, etwa wenn es sich um das Programm einer Sitzung drehe. Die eigenen Kräfte seien ja eher was für Liebhaber, Peter etwa, der als Mitglied des Gemeinderates fünf Stunden lang die Eckpunkte der Abwasserverordnung zum Besten gebe. „Unser Funkenmariechen“ sei dem Krematorium näher als dem Klimakterium und der Spielmannszug von 1949 überwiegend besetzt mit Gründungsmitliedern. Junge Leute, „eine Megaband“, habe er, „ein Visionär, ein Macher, ein Kämpfer“, da für die Bühne verpflichtet. „Satans Blutrausch“ kämen statt mit Quetsch‘ und Flitsch‘ mit Amboss und Motorsäge zum Auftritt, nach eigenen Angaben paarten sie Death Metal mit traditionellen kölschen Krätzjer. In einem Stück habe er sie einmal „Blutwoosch“ rufen hören.

Und er stellte Typen vor. Da ist Hermann vom Kegelklub, dessen „Licht in den Augen schon lange verloschen ist“ nachdem er im Kugelkanal nach der heranschießenden Glückskugel Ausschau hielt. Oder Metzger Wolfgang mit Spitznamen Fleischwolf, der sich beim Sommerfest als Veganer outet und Fränkie, der als Angestellter bei der Post an einem „selektiven Tourette-Syndrom“ leidet. Er beschimpft ausschließlich Briefkästen. Und immer wieder ging es ums Bier, das während der Sitzung aus wenigstens 75 Zapfhähnen in Strömen fließe. 

Ein Beispiel für die Philosophie am Glas, Folge 5: Politisch korrekt

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