Eigentlich hatte ich ja beschlossen, in Nahbesprechung nicht über Politik zu räsonieren. Andererseits finde ich die Attribute, die sich dieser Verein aus der Kolpingstadt Kerpen als Motto auf die Fahne oder vielmehr in den Flyer geschrieben hat, auch für die eigene Berichterstattung ganz erstrebenswert: unabhängig von Religion, Weltanschauung und Parteipolitik. Da, konnte ich einfach nicht widerstehen, doch noch im Vorfeld der Kommunalwahl diesen Text zum Besuch von Jörg Eichenauer in Horrem zu veröffentlichen, auch wenn mir das soldatisch-appellative in der Namensgebung eures Demokratievereinigung überhaupt nicht gefällt. Möchte man zurufen: „Rührt euch.“
„Demokratie muss von unten kommen“
„Wir Bürger können ja doch nix ändern“, die Entschuldigung der Resignierten und Politverdrossenen hatte Jörg Eichenauer zur Überschrift seines Vortrages über die bürgerschaftlichen Instrumente politischer Mitbestimmung gewählt – um ihr zu widersprechen. Die Botschaft des Mannes aus dem Landesvorstand des „Mehr Demokratie e. V. Nordrhein-Westfalen“ lautete nämlich „Demokratie muss von unten kommen, aus dem Volk“.
Gesicht zeigen für Vielfalt
Etwa 20 Leute begrüßte Patrick Wittkowski von der Kerpener Initiative „hab8cht“ zum Vortrag zu den Stichworten Volksentscheid, Bürgerantrag und Bürgerbegehren im Soziokulturellen Zentrum. Der Verein im Jahr 2018 gegründet, sei immer auf der Suche nach Mitstreitern und Mitstreiterinnen, sagte Wittkowski. Am Sonntagabend suchte er vor allem nach solchen, die für die Fotoplakataktion „Wir zeigen Gesicht für Vielfalt“ noch Bilder auf den Server ihrer Homepage https://hab8cht.de/ hochladen möchten, und das anonym, ohne Angabe des Namens.
Auf einer Plakatwand an der Landstraße 162 am Ortseingang Kerpen wollen sie drei Wochen vor der Wahl die Gesichter plakatieren, die so für „Vielfalt, gegen Rechtspopulismus, Rassismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Homophobie“ werben.
Wahlen sind eine Sache der Emotion
Zur Stärkung demokratischen Verständnisses zitierte Eichenauer den Artikel 20, 2 des Grundgesetzes: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen (…) ausgeübt.“ Mit Wählen gehen sei es aber nicht getan, zumal Wahlen allzu häufig zu einer „eine Sache der Emotion“ geworden sei, sagte Eichenauer im Gespräch.
Im Vortrag forderte er auf, vor allem den Dialog zu suchen, mit anderen, mit Politikern und Politikerinnen. Und er forderte Einzelne und Gruppen auf, Einwohneranträge in kommunalen Räten und Bezirksvertretungen zu stellen, dann müsse sich der Rat in öffentlicher Sitzung mit bestimmten Themen beschäftigen. „Viel zu wenig wird in NRW auf kommunaler Ebene auch noch von Bürgerentscheiden Gebrauch gemacht. Von den Bundesländern liegt hier Bayern vorne. Und in NRW ist es sogar noch nie zu einem landesweiten Volksentscheid gekommen“, so Eichenauer.
Zielgruppe kam nicht zur Diskussion
Schade nur, viel weniger als noch vor Corona seien gekommen, beobachtete die Sprecherin Michaela Sulger. Zum letzten Treffen des Vereins mit dem Motto „Haltung zeigen für eine menschenfreundliche Demokratie in Europa“ habe man im Bürgerhaus noch 90 engagierte Menschen gezählt.
Diesmal sei es kaum gelungen, die Zielgruppe der Politikverdrossenen für die Informationsveranstaltung zu interessieren, so Sulger. Vielleicht gelinge es ja an den kommenden Samstagen jeweils am Infostand von „hab8cht“ vor der Kerpener Eisdiele Scarzanella anzusprechen. Von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr wolle man als „parteipolitisch, religiös und weltanschaulich unabhängiger Verein“ mit den Menschen ins Gespräch kommen.
Hier geht es zur Homepage des Demokratievereins mit Infos zu Veranstaltungen und Stammtisch www.hab8cht.de