Spreche ich dieser Tage mit Veranstaltern von Konzerten, Lesungen aber auch Hochzeitsevents geht es schnell um eines. Da heißt es dann„die Zahlen“ gehen nach oben. Ob im benachbarten Köln, in der Kreisstadt Bergheim und im gesamten Rhein-Erft-Kreis die Zahl der Neuinfektionen steigt.
Puppenspiel auf der Wiese
Am Samstag genossen in Kerpen-Sindorf über 60 Zuschauer,Pänz mit ihren Eltern, ein Puppentheater mit dem Kölner Theater Sternkundt, mit den Schauspielern Ulrike Kundt und Joachim Stern (Link) .Und das nach allgemein geltenden Restaurantregeln, wie ausreichend Abstand zwischen den Tischen, schriftliche Registrierung der Gäste, Mund- und Nasenschutz beim Verlassen der festen Sitzgelegenheiten.
Es war der zweite Teil der „Kultur auf der Wiese im Veedel“. Nach einem Konzert mit dem Schlagersänger Thomas Junggeburth hatte die Sindorfer Sozialdemokraten wieder die Bürger des Viertels Vogelrutherfeld eingeladen. Den Kontakt zum Puppentheater hatte die Mutter eines echten Kasperlefans geknüpft, Fabienne Quednau.
Gleich in doppelter Hinsicht sah der Vorsitzende Branko Appelmann die Partei in Coronazeiten in der Pflicht: „Wir machen Politik und organisieren Kultur, kostenlos zugängig für jeden. Wenn man das eine tut, muss man das andere nicht lassen.“ Denn desolat sei die Situation für die Künstler und das Bedürfnis der Bürger und Bürgerinnen nach öffentlichen Veranstaltungen in sicherem Rahmen sei groß. Die Bezahlung der Künstler garantiere bei sonst freiem Eintritt eine Hutsammlung und die Menschen zeigten sich entsprechend spendabel, führte Appelmann aus.
Fabienne Quednau Salih Senol
Den sicheren Rahmen, nämlich den passenden Ort für Kultur im Veedel bot der Betreiber des Restaurants „Del Sole“, Salih Senol (Link) mit der Wiese gegenüber seines Restaurants auf der anderen Seite der Astrid-Lindgren-Straße.
Eigens für die Außengastronomie habe er die Wiese von der Stadt Kerpen angemietet. Die Treue seiner Stammkunden habe ihn über den Sommer gerettet, sagte Senol. Aber bald werde er die Tische wieder reinräumen: „Es wird zu kalt.“ Mit der Aussicht auf den Winter sieht sichSenol in seiner Existenz bedroht. Im Inneren seines Restaurants könne er nur die Hälfte der sonst üblichen Tische anbieten und ob er sich mit Außerhausverkäufen weiter über Wasser halten könne, sei fraglich.
Geplatztes Hochzeitsfest
Erstaunlich plötzliche Konsequenzen hatten die steigenden Zahlen für Fakir Alyn. Eine für Freitag auf der Wasserburg Geretzhoven (Link zur Homepage) geplante Hochzeit habe erst am Donnerstagabend, zum Ende des Aufbautages, das Okay vom Ordnungsamt bekommen, dass die Feier überhaupt mit den geplanten Gästen habe stattfinden könne, schilderte der Hausherr.
Einem Hochzeitspaar, das für den Samstag ebenfalls Räumlichkeiten auf der Wasserburg bei Bergheim-Niederaußem gemietet hatte, habe das Bergheimer Ordnungsamt erst am Freitagmorgen verschärfte Corona-Schutzauflagen mitgeteilt. Nur mit 50 Gästen statt der geplantenZahl von etwa 80 hatten sie ihre Hochzeit feiern sollen, so Alyn. Die Gesellschaft habe darum Abstand von der lange geplanten Feier genommen.
Wenigstens drei Werktage solle man doch den Veranstaltern Zeit geben, auf neue Verordnungen zu reagieren, meint Fakir Alyn. Spontane Umsetzung von Beschlüssen verhinderten nicht allein dieHochzeitsfeier, sondern auch eine Reihe längst gebuchter Leistungen, Getränkevertrieb und Caterer seien um ihre ohnehin geschrumpften Einnahmen gebracht.
Mit Abstand das beste Wohnzimmer
Rüdiger Tillmann, der sonst die Menschen in seiner Brühler Eventlocation Kornkammer (Link) zum Tanz, zu Konzerten und Lesungen bittet, rief dieser Tage aus dem Führerhaus eines Lastwagens an. Mit diesen Einkünften versuche er den momentan fehlenden Umsatz seiner Veranstaltungslocation auszugleichen, aber nur in diesem Monat. Denn immer noch habe er nicht die Hoffnung auf ein florierendes Geschäft der Kornkammer aufgegeben.
Mit einem neuen Programm für den Winter, „Live Acts fest wie Betonpfeiler“, meldete sich Tillmann zurück. Es sei ein Programm aus Jazz, Rock, Flamenco oder dem Gypsy-Swing des Joscho Stephan Quartetts (zum Gitarristen gibt es hier auf Nahbesprechung Konzertberichte) , das seine Kornkammer mit maximal 35 Menschen und mit Abstand zum besten Wohnzimmer dieses Winters mache.
Leistungsfähige Zu- und Abluftanlage
Aus dem Bergheimer Kulturtempel Medio.Rhein-Erft bekräftigt eine aktuelle E-Mail den festen Willen an Veranstaltungen fest zu halten, steigender Zahlen zum Trotz. Darin schildert die BM-Cultura ihre derzeitigen Hygienemaßnahmen für einen sicheren Besuch des großen Veranstaltungshauses mit leistungsfähiger Zu- und Abluftanlage. Bei stärkerem Besucherandrang bleibe immer ein Ausweichen in den großen Saal, der unter normalen Umständen 850 Plätze und jetzt für deutlich weniger Menschen ausreichend Platz mit Abstand bietet.
Kleine und große Räume
In Wesseling gab das Jazzduo Nice‘n‘ Breezy in Mines Spatzentreff ein Wohnzimmerkonzert und im vergleichsweise viel größeren Pulheimer Köstersaal feierte das Ensemble für neue Musik das E-Mex-Ensemble und andere Interpreten 250 Jahre Beethoven.
Musik und Lesungen
Susanne Harke-Schmidt Joscho Stephan Astrid Machuj und Markus Potes
Auch in der Stadt Kerpen war wieder zu Kulturveranstaltungen eingeladen worden. Am Donnerstag hatten der Kerpener Heimatverein zusammen mit dem Bergheimer Museumsverein (nachlesen auf Nahbesprechung) zu einem gruseligen wie lehrreichen Vortrag über Burgen und Schlösser in den Südflügel der Burg Lörsfeld eingeladen.
„Wir können uns wegen der Pandemie eineinhalb Jahre in unsere Wohnungen zurückziehen, dann könnte es aber sein, dass es keinen mehr gibt, dem wir zuhören oder zuschauen können.“, darum habe man sich zur Veranstaltung entschlossen, sagte Susanne Harke-Schmidt, Kerpens Stadtarchivarin und Vorsitzende des Heimatvereins. Astrid Machuj, die Vorsitzende des Museumsvereins beklagte schon jetzt die Auflösung einiger Instrumental- und Vokalensembles in der Kreisstadt Bergheim, wegen fehlender Probe- und Auftrittsmöglichkeiten.
Machuj lädt zu Spuknächten, zu Sagen aus dem Altkreis Bergheim und zum Spukdinner auf Schloss Paffendorf ein.
Birgit Immisch von der Abteilung ArchivKultur der Kolpingstadt lud nach dem Rheinischen Lesefest Käpt‘n Book, zum Konzert in die Türnicher Erfthalle ein. Am Freitag spielte die „New Orleans Jazz Band of Cologne“ leider ohne Gastsängerin Tricia Boutté. Trotz Zweitwohnsitzes in Norwegen, war der US-amerikanischen Sängerin eine problemlose Einreise nicht möglich. Die Band brachte Brenda Boykin mit, die in Wuppertal lebt und reisen darf. Ein Glücksfall.